Trommeln der Nacht
Aufbruch
Abrupt brach die Dunkelheit über uns hinein, als wir die Stadt immer weiter hinter uns ließen. Auch die Dörfer verschluckte die schwarze Nacht. Vereinzelt sah ich in der Ferne kleine Lagerfeuer leuchten. Es duftete nach gebratenem Fisch, und ich bekam Hunger. Mir wurde bewusst, dass ich schon länger nichts mehr gegessen hatte.
Bald jedoch verschwanden die Feuer und der Geruch nach Essen. Ein endloser, wie mit glitzernden Diamanten besetzter Sternenhimmel begleitete uns durch den nächtlichen Busch, auf holprigen Straßen, irgendwo im Nirgendwo.
Im Taxi war es still geworden, niemand sprach ein Wort. Nur mein Magen knurrte ein wenig. Aber auch das beruhigte sich mit der Zeit. Es gab so viele neue Eindrücke für mich, dass ich gar nicht mehr sprechen wollte, obwohl ich tausend Fragen hatte.
Nach einer gefühlten Ewigkeit fragte der Fahrer, ob er Musik machen solle.
„Ja“, antwortete Ousman, mein Begleiter, der mich am Flughafen abgeholt hatte.
Und so machte sich unser Chauffeur, während er weiterfuhr, am Radio zu schaffen. Leider schien dieses aus irgendeinem Grund nicht funktionieren zu wollen. Also versuchte er es mit einer Kassette, doch auch die ging nicht, und die nächste ebenfalls nicht und die übernächste ebenso wenig.
Aufgeregt schnalzte er immer wieder mit der Zunge, probierte aber seelenruhig weiter, eine Kassette nach der anderen. Ich staunte über seine Beharrlichkeit, wo es doch offensichtlich war, dass das Radio samt Kassettendeck kaputt war. Jeder im Auto schien das zu wissen, außer dem Chauffeur, und unter den Männern entbrannte eine heftige Diskussion. Sie gestikulierten wild und ständig schnalzte einer mit der Zunge. Ich verstand kein einziges Wort, auch war mir nicht ganz klar, ob sie miteinander stritten und wirklich wütend waren oder nicht. Denn so plötzlich wie die Diskussion entstanden war, so schnell beruhigte sich die Lage und die Reise ging weiter. Ohne Musik.
Schweigend genoss ich die Fahrt.
Im Scheinwerferlicht verwandelten sich die Bäume im Schatten des Dschungels in uralte Fabelwesen wie aus einer sagenumwobenen Zeit, geheimnisvoll und unheimlich. Nur das monotone Brummen des Motors war zu hören, bis von irgendwoher rhythmische Klänge die Stille der Nacht durchbrachen. Ein angenehmer Schauer lief mir über den Rücken und es kribbelte in meinen Beinen. Je länger wir unterwegs waren, desto mehr entfernte sich der geheimnisvoll pulsierende Rhythmus der Trommeln. So fuhren wir durch den einsamen und rätselhaften Busch. Mir wurde leicht mulmig. Was, wenn so ein Fabelwesen auf einmal lebendig wurde?
Doch dazu kam es nicht. Der Taxifahrer unterbrach die Stille. Er erklärte, dass wir nun an der Grenze angekommen seien und hier aussteigen müssten.
Trommeln der Nacht. Jetzt als e-book erhältlich! ISBN:9783756234172